
Ich bin am Wochenende auf einen interessanten Artikel gestoßen und möchte gerne meine Gedanken dazu teilen.
Der Artikel handelt von einer Studie, in welcher festgestellt wurde, dass eine gesellschaftlich festgelegte Norm für das Glücklichsein dazu führt, dass Menschen sich unglücklicher fühlen. Lebt man zum Beispiel in einem Land, in welchem der World Happiness Index hoch ist, kann dies dazu führen, dass der individuelle Anspruch glücklich sein zu müssen sich negativ auf das individuelle Wohlbefinden und somit auf das individuelle Erleben von Glück auswirkt.
Stell' dir vor, du lebst in dem Land mit dem höchsten World Happiness Index, du fühlst dich allerdings unglücklich. Womöglich entsteht dann der Eindruck, dass du eigentlich glücklich sein müsstest. Dies wiederum kann dazu führen, dass du dich selbst und dein emotionales Erleben als falsch, inkorrekt oder negativ bewertest. Dies trägt auf keinem Fall zu einer Steigerung deines Wohlbefindens bei.
Etwas, das mir in meiner Arbeit besonders wichtig ist, scheint in diesem Zusammenhang wesentlich hervorzuheben: alle Gefühle - egal ob positiv oder negativ - haben ihre Berechtigung und sind gleichwertig. Gefühle unterscheiden sich lediglich in der Bewertung, die wir ihnen geben.
Werde ich als Kind für meine Gefühle - welche meine Bezugspersonen als "negativ", unerwünscht, unangebracht, unangepasst oder falsch bewertet - gemaßregelt, so werde ich lernen, diese ebenso zu bewerten. Es entsteht also eine Diskrepanz - im personzentrierten Vokabular: eine Inkongruenz - in mir. Mein emotionales Erleben fühlt sich so an wie es sich eben anfühlt, meine Ratio, meine Struktur sagt, dass dieses "verkehrt" ist. Es entsteht ein innerer Konflikt, eine innere Spannung, ein Unwohlsein, das nicht weiter in Worte zu fassen ist.
Nun lebe ich - wenn man so will - mit dieser "Prädisposition" in einer Gesellschaft, die von mir "verlangt" glücklich zu sein, obwohl ich mich gerade unglücklich fühle. Überspitzt formuliert: der perfekte Nährboden, um unglücklich zu sein/werden.
Immer dann, wenn etwas als besonders wünschenswert oder besonders unerwünscht definiert wird, besteht die Falle, dass man diesem Anspruch, diesem sozialen Druck gerecht werden möchte. Dies kann bei manchen Menschen dazu führen, dass sie eigentlich gerade glücklich wären, aber auf Grund des Nicht-Erreichens des gesellschaftlichen Anspruchs unglücklich werden.
Erst wenn ich meine Gefühle wertschätzen kann, ich sie nicht abwerten muss und ich in weiterer Folge mich nicht abwerten muss, kann positives emotionales Erleben wachsen, kann ich glücklich sein. Kann ich auch dann glücklich sein, wenn es unglückliche Phasen in meinem Leben gibt.

Erst kürzlich konnte eine Klientin für sich bemerken, dass es für sie immer beide Seiten - positiv wie negativ - braucht. Wäre immer alles positiv, wäre es für sie auf Dauer ja schon fast langweilig, würde sie das Positive und Gute in ihrem Leben gar nicht mehr richtig schätzen. Erlebt sie auch nicht so gute Zeiten, würde sie das Gute in ihrem Leben wieder viel mehr schätzen, wieder viel mehr erleben, wahrnehmen und auskosten können.
Erkennst du dich in dem oben Beschriebenen wieder? Möchtest du etwas daran ändern? Melde dich doch gerne bei mir. Ich freue mich, dich auf deinem Weg ganz individuell zu begleiten.
Fact: Österreich befand sind 2021 auf Platz 10 des world happiness reports, Finnland konnte das 4. Jahr in Folge Platz 1 für sich verbuchen.
° Perceiving societal pressure to be happy is linked to poor well-being, especially in happy nations
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